Berichte & Fotos

25.04.2022

Dr. Philippe Merz: Unternehmensverantwortung zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Philosophisches für die Marketing-Spezialisten:

Anspruch und Wirklichkeit der Unternehmensverantwortung

Wirtschaft und Ethik: Kriegt man das zusammen? Oder gilt nicht doch eher das Credo des Ökonomen Milton Friedman: The Business of Business is Business?  Philippe Merz ist Philosoph und Gründer der Thales Akademie in Freiburg. Dort lassen sich Wirtschafts-, Digital- und Medizinethik studieren. Jetzt war er als Redner zu Gast beim Marketing-Club Ortenau/Offenburg und zog seine Zuhörer in Bann. Auch, weil er Denken in Gang setzte und seine eigenen Gedanken teilte – nämlich die des Philosophen und durchaus auch die des Unternehmers. Darüber hinaus blickte er mit scharfem Verstand und offenem Herzen auf die Frage: Wie ist es eigentlich bestellt um die Unternehmensverantwortung, um ihren Anspruch und ihre Wirklichkeit?

Philippe Merz lieferte an diesem Abend KEINE „tour d’horizon“ der Wirtschaftsethik. Dafür lieferte er handfeste Beispiele aus der Welt der Unternehmen, die für sich reklamieren: Wir tragen Verantwortung! Dass es dabei mehr als graduelle Unterschiede gibt, war bald klar. Da sind die Unternehmen, die ethische Fragen zu ökonomischen Zwecken missbrauchen. Es gibt jene Kadetten, die unternehmerische Verantwortung als „Gedöns“ abtun. Laut Philippe Merz „die international dominante Position der vergangenen 40 Jahre“. Als auf „Stufe 3“ befindlich bezeichnet er jene Unternehmen, die durchaus gesellschaftliche Verantwortung übernehmen – dabei aber schon auch die Eigenwerbung im Auge behalten. Uns allen bekannt als regionale Player, die Sport- und Hospizverein sponsern. Weil man dann eben doch mal mit Foto in die Lokalzeitung kommt… High-End-Verantwortung tragen für Philipppe Merz dann eher Unternehmen wie der Outdoor-Ausrüster Vaude: „Das sind die, die die sozialen und ökologischen Fragen systematisch ins Kerngeschäft integrieren“.

Philippe Merz‘ Worte fielen nicht nur auf den fruchtbaren Denk-Boden der Marketingclub-Mitglieder – sie wirkten weit darüber hinaus. Der Vortragende lud ein, mit Zwischenfragen in die Diskussion einzusteigen. Die Gäste packten eigene Erfahrungen aus, ließen Zweifel laut werden, stellten Fragen. Wirtschaft, Ethik, unternehmerische Verantwortung – es scheint ein Themenfeld zu sein, das selten virulenter war als heute. „Vielleicht, weil gerade so viel Orientierung gebraucht wird“, meinte einer der Besucher.

Philippe Merz wollte keine Orientierung geben an diesem Abend. Er wollte Denkräume öffnen. Das gelang ihm. Wohl selten war eine Diskussion während und nach einer Veranstaltung dermaßen intensiv. „Wie ist das zu bewerten, wenn derzeit Unternehmen ihre Preise in die Höhe fahren, obgleich es viele Menschen gibt, die sich bald nicht einmal mehr das Nötigste leisten können?“. Eine der Fragen, die die Menschen nicht nur umtreiben. Sie bringen sie sogar auf die Palme beim Gedanken an Krisengewinnler und Profiteure. Dass es auch anders gehen kann – Gott sei es gedankt. Die Brauerei Waldhaus hat fest zugesagt, den Preis fürs Bier in diesem Jahr nicht zu erhöhen. Wie spannend das ist, zeigte sich in der Diskussion im Anschluss an den Vortrag.

Philippe Merz kam als Redner für den Marketing-Club zur rechten Zeit. Eigentlich wäre dieser Abend ein Abend fürs „Marketing vor Ort“ gewesen. Doch das Event bei der Hermann Uhl KG musste entfallen. Es erfuhr eine würdige Alternative. Und wie Sandra Wörner vom Veranstaltungs-Team des Marketing-Clubs betonte: „Philippe Merz war nicht die zweite Wahl für diesen Abend. Er war ein First Class Redner“.